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Die Herz-Gesprächsgruppe Augsburg und Umgebung © StMGP

Interview mit Walter Schmidtke, Leiter der Selbsthilfegruppe „Herz-Gesprächsgruppe Augsburg und Umgebung“

Herzkrank – und jetzt? Selbsthilfegruppen fördern den Austausch mit anderen Betroffenen und unterstützen.
Walter Schmidtke hat 2009 eine Herz-Gesprächsgruppe für Betroffene und Angehörige aus Augsburg und Umgebung gegründet. Wir haben nachgefragt, wie es dazu kam...
GR: Hallo Herr Schmidtke. Vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. Wie kam es dazu, dass Sie nun die Selbsthilfegruppe „Herz-Gesprächsgruppe Augsburg und Umgebung“ leiten?

Schmidtke: Sehr gerne! Ich habe selbst Herzprobleme: Es fing damit an, dass ich wohl eine Grippe verschleppt hatte, wodurch mein Herz schwer beschädigt wurde. Ich wurde dadurch mit 46 Jahren – heute bin ich 63 – aus dem Arbeitsleben gerissen. Ich war zuvor im Außendienst in der medizinischen Pflegetechnik. Dieser Beruf hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil ich immer mit Menschen zu tun hatte in Altersheimen, Krankenhäusern und so weiter. Das war für mich, muss ich wirklich sagen, ein Geschenk. Das ging dann plötzlich nicht mehr: Mein Herz war so angegriffen, dass es immer größer wurde und die Pumpleistung immer schwächer wurde. Dadurch war auch die Sauerstoffversorgung schlecht. Ständig war ich schlapp und müde. Ich kam mir richtig nutzlos vor. Durch die Implantation eine Defibrillators wurde das Herz vorübergehend stabilisiert. Deswegen wurde ich 2009 zu einem Vortrag im Zentralklinikum über implantierte Defibrillatoren eingeladen. Bei der Veranstaltung zeigte sich, dass in Augsburg und Umgebung viele Personen implantierte Defibrillatoren haben. Es war also der Bedarf da, diese Menschen ins Gespräch zu bringen. Und ich habe die Hand gehoben und gesagt, ich probiere einfach, eine Gruppe zu gründen. Wir haben als Gruppe für Personen mit implantierten Defibrillatoren begonnen. Zu der Zeit ging es bei mir gesundheitlich auf und ab. Mal ging es mir besser, mal kam ein großer Einbruch und ich musste beatmet werden. So ging das über mehrere Jahre, bis die Ärzte 2011 meinten, wenn ich kein Spenderherz bekäme, könnten sie nichts mehr für mich tun. 2012 klappte es dann: Ich habe ein Spenderherz bekommen und seitdem geht es mir besser. Nach meiner Transplantationsoperation weiteten wir die Gruppe aus. Denn das Thema Herzerkrankung betrifft so viele Menschen. Auch denen sollten wir die Möglichkeit geben, an der Gruppe teilzunehmen. Inzwischen heißen wir „Herz-Gesprächsgruppe Augsburg und Umgebung“ und sind eine ganz heterogene Gruppe.

 

GRplus: Wie viele Personen sind Sie denn derzeit in der Gruppe?

Schmidtke: Wir sind derzeit etwa 25 Personen in unserer Gruppe. Manche kommen regelmäßig, andere kommen eher sporadisch oder nur, um sich zu informieren. Darunter sind Menschen mit beispielsweise Herzinfarkt, Vorhofflimmern und implantierten Defibrillatoren. Dementsprechend breit ist auch das Spektrum, was bei uns diskutiert wird.

 

GRplus: Gibt es Themen, die besonders häufig angesprochen werden?

Schmidtke
: Ja, ich hatte vorher erwähnt, dass ich mich so ausgelaugt gefühlt habe. Das empfinden ganz viele bei uns so: Wenn das Herz irgendwie betroffen ist, hat man wohl immer mit der Leistungsfähigkeit zu kämpfen. Je schwächer das Herz ist, desto weniger leistungsfähig ist man. Am meisten beklagt wird aber nicht die fehlende Leistungsfähigkeit bei uns in der Gruppe, sondern der seelische Zustand: Man hat plötzlich Angstzustände, die einen total den Boden unter den Füßen wegziehen. Daneben hat meine eine Krankheit, die einem das restliche Leben begleiten wird. Es lastet seelisch sehr viel auf einem. Das ist in unserer Gruppe eben toll: Wir fangen uns gegenseitig auf. Man kann nicht jedem den idealen Tipp geben. Aber wir können jede Person zumindest dabei unterstützen, das neue Leben in den Griff zu bekommen. Weil diese Umstellung ist schon oft extrem. Sich gegenüber anderen damit zu öffnen, ist nicht immer leicht. Aber letztendlich hilft es dabei, sich selbst nicht hängen zu lassen. Auch zu hören, dass man mit den Problemen nicht alleine ist und viele ähnlich empfinden, tut gut. Es gibt Kraft, das Beste aus der Situation zu machen. Das ermutigt enorm, nicht aufzugeben, egal wie groß die Hindernisse im Leben auch scheinen! Am Anfang sagen auch viele, die zu uns kommen „hätte ich damals mal dies und jenes anders gemacht“.  Aber das hilft ja nichts mehr. Man muss sich mit dem auseinandersetzen, was eben nun möglich ist und positiv nach vorne schauen: Hat man früher viel Alkohol konsumiert oder geraucht, sollte man versuchen, das in Zukunft besser zu machen. Viele erkennen nach einem Herzereignis auch, dass es eben auch ohne geht. Außerdem gibt es auch hier unterstützende Maßnahmen, die wir unseren Gruppenmitgliedern bei Bedarf ans Herz legen. Wir können daneben auch aus unserer eigenen Krankheitsgeschichte heraus gute Ärztinnen und Ärzte im Umkreis empfehlen.

 

GRplus: Welchen Rat würden Sie Personen geben, die vor Kurzem eine Herzerkrankung diagnostiziert bekommen haben?

Schmidtke: Ich glaube, das wichtigste ist, mit sich selbst ins Reine zu kommen und mit der Familie zu reden. Gute soziale Unterstützung ist so hilfreich und gerade bei Herzerkrankungen wichtig. Auch wir als Gruppe versuchen natürlich zu unterstützen. Mit Gemeinschaft und Empfehlungen. Ich möchte auch jeden ermutigen, zu uns in die Gruppe zu kommen. Ganz gleich wie alt oder jung. Jeder kann seine Erfahrungen einbringen und davon können die anderen profitieren. Wir hatten bisher niemanden, dem es nichts gebracht hat, bei unserer Gruppe vorbeizuschauen.
Die Herz-Gesprächsgruppe Augsburg und Umgebung
GRplus: Wann und wo treffen Sie sich?

Schmidtke: Wir treffen uns im Haus Tobias in der Stenglinstraße. Hier sind mehrere Selbsthilfegruppen angesiedelt. Die Treffen finden einmal im Monat, immer am ersten Donnerstag des Monats, statt.


GRplus: Was würden Sie gerne Menschen mitgeben, die keine Herzerkrankung haben?

Schmidtke: Ich habe leichte Erkrankungen oft auf die leichte Schulter genommen: Etwas Schnupfen – da kann ich schon arbeiten gehen. Ich habe mich nicht ausgeruht. Das hat bei mir böse geendet. Ich möchte daher an alle appellieren, auf ihren Körper zu hören und ihrem Körper Zeit und Ruhe zu geben, wenn man krank ist.
Sie haben Interesse an der Gesprächsgruppe? Telefonisch können Sie Hr. Schmidtke unter 08231-90430 erreichen. Die Treffen finden jeden ersten Donnerstag im Monat von 18:00 bis 20:00 Uhr im Haus Tobias, Stenglinstr. 7 in 86256 Augsburg statt.